WWE All Stars im Test

Beginnen wir mit der offensichtlichen Zielgruppe: WWE All Stars bietet bekannte Legenden der 80er und 90er und zielt somit offensichtlich auf die Generation Ü25. Doch anstatt eine Wrestling-Simulation wie WWE Smackdown vs. RAW umzusetzen, die neben einer Menge Tiefgang auch eine längere Eingewöhnungszeit erfordert, wurde WWE All Stars als einsteigerfreundliches Arcade-Gekloppe konzipiert.

Das fängt bereits beim Design an: Vom realistischen Simulationslook hat man sich verabschiedet und die Legenden und Superstars nun überlebensgroß im Actionfigur-Design gezeichnet, sprich, die Wrestler protzen mit überdimensionalen Proportionen und Moves. So wankt ein Andre the Giant nicht mit hängendem Bauch und Rückenschmerzen durch den Ring, sondern sieht aus wie ein Koloss mit einem Muskelanteil von ca 98%. Dazu wirft jeder der Wrestler seinen Gegner übernatürlich weit, hoch und gewaltig durch den Ring, ohne Rücsicht auf menschliche Anatomie oder die Gesetze der Physik.

Das hat einen gewissen Appeal, auch wenn Realismus-Fanatiker die Nase rümpfen werden. Doch es passt schlicht zur schnellen und direkten Action-Orientierung. Den gleichen Weg geht die Steuerung. Entgegen der SvR-Serie ist hier Pick-Up and Play angesagt: Gekämpft wird mit je einem leichten und harten Schlag und je einem leichten und harten Griff. Wer kräftig austeilt und einsteckt füllt seine Super-Leiste wie im klassischen Beat-Em-Up und kann die bekannten Signature Moves der Athleten ansetzen. Diese werden dann besonders krachend und übertrieben in Szene gesetzt. Hat sich zusätzlich noch die Finisher-Leiste gefüllt, setzen die Wrestler zu ihren bekannten Finishern an. So springt der Macho Man von jeder Position des Rings auf die Ringecke um anschließend einen krachenden Elbow Drop vom Stapel zu lassen. Das würde alles tierisch Spaß machen, wenn es da nicht das berühmte Haar in der Suppe geben würde: Der Matchablauf ist derart hektisch und unkoordiniert, dass man meist am weitestenn damit kommt, wie irre auf den Schlag-Button zu hämmern. Da auch das Kontern von Griffen und Schlägen äußerst penibel ist, verkommt man meist zum Sandsack im Ring. Dieser Effekt verstärkt sich dann noch in 4-Way oder Tag-Matches enorm, wo nur noch blankes Chaos vorherrscht.

Auch beim Drumherum hieß THQs Motto „Weniger ist mehr“. So bietet WWE All Stars wieder den beliebten Editor, doch dieser wurde drastisch abgespeckt, insbesondere bei den Moves des eigenen Superstars. Statt jeden Move festzulegen, wählt man einfach aus fertigen Movesets aus. Bei den Spielmodi setzte THQ darüber hinaus ebenfalls fleißig die Schere an: Neben 3 Challenges, in denen der Spieler einfach Random 10 Gegner in Folge besiegen muss - je mit einem losen Storystrang und Zielen wie „Besiege den Untertaker beim Summerslam und besiege unterwegs 10 Gegner“ - gibt es noch den Fantasy Warfare Modus. In besagtem Modus hat man nun die Möglichkeit Traumfehden auszutragen, die so nie hätten stattfinden können, in denen je eine Legende gegen einen aktuellen Superstar antritt. Hier kämpft Hulk Hogan gegen John Cena um den Titel „Größter WWE Superstar“ oder Andre the Giant und Big Show fehden aus, wer der beste Big Man aller Zeiten ist. Vor jedem Match gibt es einen Videozusammenschnitt aus altem Originalmaterial. Diese Videos stellen wohl das Highlight für jeden Fans dar, denn sie sind atmosphärisch inszeniert.

Neben den Offline-Modi gibt es noch einen Online-Modus in dem aber auch das Chaos im Ring vorherrscht. Ein anderes fragwürdiges Detail an WWE All Stars sind die Ladezeiten: Vor und nach den Matches erwarten den Spieler lange Pausen, die PS3 Version lagert sogar bei JEDEM Spielstart vorab erst mal 5 Minuten Daten auf die Festplatte aus! Sorry THQ, aber sowas ist gerade bei einem kurzweiligen Arcade-Prügler ein absolutes No-Go! Überhaupt fragt man sich, was es so viel zu laden gibt: Die Hallen sehen kalt und lieblos aus, die Entrances der Wrestler sind mit 5 Sekunden Posen auf der Rampe lächerlich kurz und auch im Ring gibt es nicht viel zu sehen. Wenistens macht das Publikum ordentlich Stimmung und auch die Kommentatoren sind erträglich, wenn auch repetiv in ihren Aussagen. Fraglich ist für mich nur, warum sowohl Faces als auch Heels kräftig angefeuert werden, denn das zerstört das klassische „Gut gegen Böse“-Feeling der eine Wrestling-Show nun ausmacht. Aber ich vergaß, WWE macht ja kein Wrestling mehr...